Derzeit ist die "Begutachtungsanleitung Geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Transsexualität" für die Behandlung transidenter Personen das Regelwerk, an das sich Krankenkassen und Medizinischer Dienst halten (sollten). Diese Begutachtungsanleitung wurde auf Empfehlung des Vorstandes des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V.) vom GKVSpitzenverband (Spitzenverband Bund der Krankenkassen) am 19. Mai 2009 als Richtlinie nach § 282 Abs. 2 Satz 3 SGB V erlassen.
Interessensverbände wie Trans-Ident e.V. und andere, aber zunehmend auch Vertreter aus den Reihen der Behandler und der Forschung, sehen diese Begutachtungsanleitung jedoch sehr kritisch und in manchen Punkten auch als sehr fragwürdig. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die Behandlungsleitlinien in Deutschland auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) neu überarbeitet und dass erstmalig auch Interessensverbände und Selbsthilfegruppen von Betroffenen dazu angehört werden sollen.
So beschäftigt sich eine Gruppe von wissenschaftlichen Fachgesellschaften damit, eine mit der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) abgestimmte Leitlinie zur Geschlechtsdysphorie auszuarbeiten. Die "Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen" (Becker et al. 1997) auf die Bezug genommen wird, können inzwischen als überholt gelten. In diesen Prozess sollen wissenschaftliche Fachgesellschaften und Interessensgruppen, die an Diagnostik, Beratung und Behandlung beteiligt sind, einbezogen werden.
Die Ausarbeitung der Leitlinien steht noch relativ am Beginn. Im Zuge unserer Diskussionen wurde allerdings beschlossen, schon zu diesem Zeitpunkt die Erfahrungen, Meinungen und Positionen existierender Selbsthilfegruppen einzuholen. Zu diesem Zweck werden in verschiedenen Regionen der Bundesrepublik sowie in der Schweiz Anhörungen veranstaltet, in deren Rahmen sich die jeweiligen Selbsthilfegruppen äußern können. Dabei soll sich die Anhörung speziell auf jene Themen beziehen, die als Gliederung des geplanten Leitliniendokuments vorgesehen sind.
Das Leitungsteam der bundesweiten Arbeitsgruppe bilden Prof. Dr. Bernhard Strauß, Lehrstuhlinhaber am Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena, und Dr. Timo Ole Nieder, Dipl.-Psych. am Institut für Sexualforschung u. Forensische Psychiatrie am Universitatsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Für den bayerischen Raum fand unter der Federführung von Dr. med. Werner Ettmeier, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, eine Anhörung am Freitag, dem 19. Juli 2013 in den Räumen des Ärztlichen Kreis- und Bezirksverbands München statt.
Mitglieder von Trans-Ident e.V. und der angeschlossenen Selbsthilfegruppen konnten vorab ihre Beiträge zur Diskussion nach Anmeldung zum internen Bereich im Trans-Ident Forum einbringen. Interessierte, die keinen Zugang zum Forum haben, konnten ihre Anregungen und Wünsche per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! übermitteln. Die einzelnen Punkte wurden in den verschiedenen Selbsthilfegruppen von Trans-Ident zusammengetragen und ausführlich diskutiert.
Im Zuge der Mitgliederversammlung von Trans-Ident e.V. am 22. Juni 2013 wurden die in den angeschlossenen Selbsthilfegruppen sowie im internen Forum gesammelten Punkte zu einer gemeinsamen Stellungnahme zusammengetragen. Diese wurde durch das Votum der anwesenden Mitglieder einstimmig verabschiedet. Hier können Sie die Stellungnahme als PDF-Datei herunterladen.
Vertreter von Trans-Ident e.V. und der angeschlossenen Selbsthilfegruppen waren dann am oben genannten Termin in München vertreten und trugen dort die Anliegen der Betroffenen vor. Die Ausarbeitung stieß dort durchweg auf sehr positive Resonanz.
Sandra Wißgott,
1. Vorsitzende Trans-Ident e.V.
Nachtrag: Aktuelle Informationen zum Stand der Neuentwicklung finden Sie hier.